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Kirche Blumenstein: «Der wollüstigste Tanz der Welt»

Klassische Musik ist elitär und blutleer? Keine Spur! Das werden die Jahreszeitenkonzerte in der Kirche Blumenstein am Sonntag, 21. Januar, beweisen.

Mal ernst und wuchtig, dann wieder leicht und filigran: Die klassische Kammermusik deckt ein breites Spektrum ab. Das wird sich auch am kommenden Sonntag in der Kirche Blumenstein zeigen. Das letzte Kammermusikkonzert des Jahreszeitenzyklus 2023/24 in der Kirche Blumenstein wird vor allem in der ersten Hälfte südliche Lebensfreude verbreiten – in Kompositionen, die stark vom spanischen Volksliedgut inspiriert sind. Und das nicht von ungefähr. Die Organisatoren des Zyklus, das Ehepaar Mirjana Reinhard (Cello) und Yuka Oechslin (Klavier), haben den spanischen Komponisten Joaquín Turina (1882–1949) zum gemeinsamen Nenner gemacht. Doch er ist nicht der einzige Spanier, dessen Kompositionen am 21. Januar um 17 Uhr im Rahmen des Winterkonzerts interpretiert werden. Den Anfang machen die «Siete canciones populares españolas für Cello und Klavier» von Manuel de Falla (1876–1946). Diese sieben spanischen Volkslieder sind 1914 entstanden und handeln von Liebe und allen Gefühlen, die damit einhergehen: von der Freude bis zum Schmerz.

Berüchtigt in ganz Europa

Unter den Werken Turinas haben sich Reinhard und Oechslin für die «Sonata española» entschieden. Die dreisätzige Sonate vereint traditionelle Formen mit heimatlichen Klängen. Vom Mönch und Komponisten Antonio Soler (1729–1783) wird ein Fandango durch die Kirche von Blumenstein wehen. Der Fandango ist ein andalusischer Volkstanz, ein Vorläufer des Flamencos, entstanden im frühen 18. Jahrhundert. Die Beschreibung Casanovas als «verführerischster, wollüstigster Tanz der Welt» machte den Fandango über ganz Europa berüchtigt, wie es auf der Website der Jahreszeitenkonzerte heisst. Für den Abschluss der Konzertreihe geht die musikalische Reise nordwärts nach Mitteleuropa. Zuerst nach Frankreich zu Maurice Ravel (1875–1937) und dessen Sonate für Geige und Cello in G-Dur. Einem Stück, das hohe Anforderungen an die Musikerinnen und Musiker stellt.  «Nicht in dieser Sonate, aber in anderen Werken Ravels zeigen sich spanische Einflüsse, womit wir einen Bogen zu Turina schlagen», sagt Mirjana Reinhard. Zum Abschluss des Winterkonzerts und des Zyklus 2023/24 wird das Publikum Richtung Osten geführt: nach Österreich, wo Franz Schubert (1797–1828) lebte und wirkte. Als kammermusikalischer Meilenstein gilt dessen Klaviertrio in B-Dur, mit dem Mirjana Reinhard, Yuka Oechslin und ihr Gast Dmitry Smirnov (Violine) den Abend ausklingen lassen. Letzterer darf dank seiner ekstatischen Spielweise und schillernden Bühnenpräsenz als Liebling des Publikums in Blumenstein bezeichnet werden. Er springt für die in Südkorea geborene Suyeon Kang ein, die eigentlich für das Konzert vorgesehen war, aber wegen einer Terminkollision absagen musste.

Richtige Entscheidung getroffen

Für Mirjana Reinhard und Yuka Oechslin war die nun zu Ende gehende Konzertreihe ein Erfolg, wie sie einhellig betonen. Die Entscheidung für Joaquín Turina als Dreh- und Angelpunkt sei richtig gewesen. «Vorher haben wir ihn nur vom Hören gekannt», erläutert Oechslin. «Nun konnten wir zum ersten Mal richtig in seine Musik eintauchen.» «Seine Werke sind bei unserem Publikum gut angekommen», fügt Reinhard an und betont: «Das hat sicher auch mit unseren Gastmusikerinnen und -musikern zu tun, mit denen wir ausgezeichnet zusammenarbeiten konnten.» Unter der Leitung von Reinhard/Oechslin haben sich die Jahreszeitenkonzerte unter anderem dadurch einen Namen gemacht, dass sie das Programm um Komponisten oder Komponistinnen bauten, die selbst unter Kammermusikliebhabern eher unbekannt waren. Das hat geklappt, weil das Publikum in Blumenstein aufgeschlossen und neugierig auf Unbekanntes ist. Trotzdem hat sich das Ehepaar entschieden, im neuen Zyklus auf einen der ganz grossen Namen zu setzen: auf Johannes Brahms, der als einer der bedeutendsten Komponisten des 19. Jahrhunderts gilt.

Quelle: www.thunertagblatt.ch, 18.01.2024, Marc Imboden