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Buch-Tipps

«Mein Bruder Marco» von Ueli Mäder

In einem Brief an seinen toten Bruder zeichnet der Soziologe Ueli Mäder gesellschaftliche Veränderungen anhand einer einzigen Biografie nach. Der Spagat zwischen Gesellschaftsanalyse und eigener Trauer ist unmöglich zu schaffen. Dennoch regt «Mein Bruder Marco» zum Denken an.

Wie verändern wir Gesellschaft? Und was macht die Gesellschaft mit uns? Es sind sehr grosse Fragen, um die es im neuen Buch von Ueli Mäder geht. Das ist insofern nicht erstaunlich, als der heute 73jährige Autor sich einen Namen als Soziologieprofessor in Basel gemacht hat. Allerdings überrascht die gewählte Flughöhe eben doch, weil es im Buch um den Tod von Mäders Bruder geht. Dieser ist vor zehn Jahren nach langer Alkoholsucht an Krebs gestorben.

Ebendieser Marco Mäder wächst mit vielen Talenten auf, ist sehr belesen, studiert Theologie, engagiert sich in der politisch Linken, spielt als Handballer in der Nationalliga und weckt grosse Erwartungen im kleinen Sissach BL. «Manche sehen ihn schon als Bundesrat», heisst es im Buch. Doch es kommt anders. Marco Mäder verweigert sich aus ideologischen Gründen nicht nur dem Militärdienst (und landet dafür im Gefängnis). Ihm widerstrebt offenbar ganz generell das bürgerliche Leben. Am deutlichsten wird das, als er spontan nicht zur letzten Vorprüfung seines Theologiestudiums erscheint und in seiner Lieblingskneipe sitzen bleibt – obwohl ihn zwei Professoren bereits für ein Doktorat angefragt haben. Die Landeskirchen würden sich machtkonform vereinnahmen lassen, kritisiert er. Stattdessen hilft er als Sozialarbeiter Randständigen, verkracht sich über die Jahre jedoch mit seinem Umfeld und verliert den Job. Dazu kommt, dass er, nachdem er bis zwanzig abstinent gelebt hat, immer mehr Alkohol trinkt. Arbeitslos und süchtig, führt er zunehmend ein Leben als Randständiger.

Ueli Mäder, 1951 in Beinwil am See geboren, ist emeritierter Professor für Soziologie der Universität Basel und der Hochschule für Soziale Arbeit. Er forscht über soziale Ungleichheiten. Zuletzt erschienen im Rotpunktverlag "68 was bleibt?" (2018), "macht.ch. Geld und Macht in der Schweiz" (2015) und mit Ganga Jey Aratnam und Sarah Schilliger zusammen "Wie Reiche denken und lenken" (2010). 2022 erhielt er den Internationalen Erich-Fromm-Preis.

Ueli Mäder: Mein Bruder Marco - Eine Annäherung, Rotpunktverlag,
1. Auflage 2024, 192 Seiten, ISBN 978-3-03973-021-6

Quellen: brefmagazin.ch, exlibris.ch

Das Staunen bewahren - Weihnachtsgeschichten für heute

Rund 60 kurze Geschichten, in denen sich in kleinen Begebenheiten das Grosse der Weihnacht zeigt: Sie erzählen von der Schaukel, die zum Bild für das Leben wird, weil sie in allem Auf und Ab uns auch dann hält, wenn wir ganz unten sind.

 

Von Schwester Barbara, die während der Corona-Pandemie zeigte, was Barmherzigkeit bedeutet. Vom englischen Dorf Congresbury, das sich zu den Festtagen etwas Besonderes vorgenommen hatte. Vom Brief eines Vaters aus dem Gefängnis an seinen Sohn. Vom spendierten Kaffee für einen Schwarzfahrer – und davon, was das alles mit Weihnachten zu tun hat.

Heribert Haberhausen: Das Staunen bewahren, Weihnachtsgeschichten für heute, Patmos Verlag, 160 Seiten, ISBN 978-3-906959-39-9.

Das Buch kann auch in der Kirchlichen Bibliothek in Thun bezogen werden.

Die schweizerische Reformation

Zum ersten Mal seit fast 40 Jahren liegt eine umfassende Darstellung der Reformation in der Schweiz vor. Das im Theologischen Verlag ZürichTVZ-Verlag erschienene Werk erlaubt einen regional differenzierten Blick auf die schweizerische Reformation, die zu einem der einflussreichsten Exportartikel der Schweiz wurde. Neben seinem Nutzen für die Wissenschaft bietet das Buch Hintergrundwissen für das im Gang befindliche Reformationsjubiläum in der Schweiz und Anstösse zum Nachdenken über die Bedeutung der Reformation heute. Das Werk „Die schweizerische Reformation – ein Handbuch“ (herausgegeben von Emidio Campi und Amy Nelson Burnett) zeichnet detailliert die Ausbreitung der reformatorischen Bewegung in den Städten Zürich, Bern, Basel, St. Gallen, Schaffhausen, in den ländlichen Gebieten wie Graubünden, Appenzell und in der französischsprachigen Schweiz nach, ebenso die „gescheiterten Reformationen“ und die Täuferbewegung. Es zeigt, wie sich im Lauf des 16. Jahrhunderts aus einer diffusen Bewegung eine disziplinierte Gruppe von Kirchen mit definierten Glaubenssätzen und eigenständiger Kultur entwickelte und analysiert die Langzeitwirkungen der Reformation auf die Gesellschaft, auf das religiöse Leben und die Alltagskultur, auf Bildung, Gemeinwesen und Politik. Das Buch wurde anlässlich einer Vernissage am 20. November im Polit-Forum Bern vorgestellt.Am rund 740-seitigen und mit vielen bisher unveröffentlichten Bildern illustrierten Werk hat ein internationales Team von Spezialisten mitgearbeitet. Die deutschsprachige Ausgabe des 2016 in Leiden/Niederlande zuerst auf Englisch erschienenen Werks wurde im Auftrag des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes bearbeitet und herausgegeben von Martin Hirzel und Frank Mathwig. In seinem Geleitwort schreibt der Ratspräsident des Kirchenbunds Gottfried Locher: „Das vorliegende Handbuch stellt die schweizerische Reformation differenziert dar und offeriert vielfältige Einsichten für die Gegenwart. Im Einzelnen fassen die Beiträge nicht nur Altbekanntes aus der Sicht aktueller Forschung zusammen, sondern bieten zusätzlich Neues, Überraschendes, aber auch Vergessenes und Verdrängtes aus einer Zeit, die doch auch unsere Gegenwart prägt.“

744 Seiten, 16.8 x 24.4 cm, Hardcover mit zahlreichen Abbildungen, ISBN 978-3-290-17887-1, Fr. 90.00 Buch bestellen bei TVZ

In der Fremde sprechen die Bäume arabisch

Der Protagonist, der wie der Autor Usama heisst, ist aus Irak geflohen und erzählt von seinen Erfahrungen als Fremder in der Schweiz. Ohne anzuklagen, berichtet er von mühseligen Unterkünften und der Jobsuche, von herzlichen Begegnungen und dem Entdecken der Natur. An das Geschehen in der Schweiz knüpft Usama Erinnerungen an seine Heimat und gibt Einblick in das Leben seiner Familie in einem Kriegsgebiet. Einschneidend ist das spurlose Verschwinden seines jüngsten Bruders in Bagdad und die Frage nach der Schuld. Immer wieder sucht Usama die Nähe zu den Bäumen, welche Geborgenheit spenden und auch in der Fremde arabisch sprechen. Ein berührendes Buch, das unseren Blick für eine fremde, aber auch für die eigene Kultur neu öffnet.

In der Fremde sprechen die Bäume arabisch, Roman von Usama Al Shahmani, Limmat Verlag, 2018, ISBN 978-3-85791-859-9

Quelle: ENSEMBLE 2019/38

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