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Ständerat will Reiseverbot für vorläufig Aufgenommene

Vorläufig in der Schweiz aufgenommene Personen sollen grundsätzlich nicht reisen dürfen – auch nicht im Schengen-Raum. Das hat der Ständerat beschlossen. Das Hilfswerk Heks kritisiert den Entscheid.

Anders als der Nationalrat will der Ständerat vorläufig Aufgenommenen Reisen etwa für die Ausbildung oder den Besuch von Familienangehörigen nicht erlauben. Die kleine Kammer folgte am Mittwoch ihrer Staatspolitischen Kommission. Mit 26 zu 14 Stimmen wurde der Vorschlag des Nationalrats abgelehnt. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die verschärfte Vorlage mit 25 zu 12 Stimmen an. Die Mehrheit war der Auffassung, dass die Ausnahmen für Reisen im Schengen-Raum weiterhin auf Verordnungsstufe geregelt und im Einzelfall bewilligt werden sollen, wie Kommissionspräsident Andrea Caroni (FDP/AR) festhielt. Der Gesetzgeber solle in diesem Bereich nicht zu enge Vorgaben machen, sondern dem Bundesrat ein gewisses Ermessen überlassen.

Ausnahmen im Gesetz?

Die Ratslinke setzte sich vergeblich für Reisen in Ausnahmefällen ein – etwa bei Schulreisen, wichtigen Sport- und Kulturanlässen oder für Besuche naher Familienangehöriger. Es sei «rechtsstaatlich korrekt, wenn solche Gründe im Grundsatz im Gesetz geregelt sind», gab Daniel Jositsch (SP) zu bedenken. Justizministerin Karin Keller-Sutter argumentierte, dass mit der Einführung von Ausnahmen im Gesetz Rechtsunsicherheit geschaffen werde. Würden einige Ausnahmen im Gesetz und andere in der Verordnung geregelt, sei das problematisch. Sie empfahl deshalb, der Mehrheit zu folgen. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat.

Familien lebenslänglich trennen

Das Hilfswerk Heks verurteilt das Reiseverbot in einer Medienmitteilung vom 15. September. Sie erachtet es als unverhältnismässigen Eingriff in die Bewegungsfreiheit und in das Recht auf Familienleben. Bereits heute sei die Handhabung von Reisebewilligungen für vorläufig Aufgenommene sehr restriktiv. Zudem sei kein öffentliches Interesse erkennbar, welches einen so einschneidenden Eingriff in die Grundrechte rechtfertigen würde. Vielmehr würden knapp 50'000 Menschen kollektiv bestraft, aus Furcht vor vereinzelten Missbrauchsfällen. Familien könnten so lebenslänglich voneinander getrennt werden. Das Heks appelliert deshalb an den Nationalrat, keine weiteren Einschränkungen der Reisefreiheit zu beschliessen und die Ausnahmetatbestände zu erweitern.

Quelle: www.ref.ch, 15. September 2021