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Ohne Gottesdienste fehlt Geld für die Diakonie

Kirchennahe Organisationen und Projekte erhalten weniger Gelder, weil Gottesdienste im Lockdown ausfielen. Anders als grosse Hilfswerke konnten sie den Rückgang nicht ausgleichen.

Keine Gottesdienste, weniger Kollekten: Knapp ein Jahr nach dem Lockdown im letzten Frühling ist klar, dass diverse kirchennahe Organisationen und Projekte finanzielle Einbussen beklagen müssen. Provisorische Zahlen der reformierten Landeskirche zeigen, wo die Rückgänge am stärksten sind: Beim «Sammelkonto für bedrängte Christen» brachen die Kollekten um mehr als die Hälfte ein. Die Zürcher Kirche verbuchte nur gut 107?000 Franken für Projekte, die im Nahen und Mittleren Osten Nothilfe an bedrohte und verfolgte Christinnen und Christen leisten. Nur die Hälfte der Summe stammt aus Kollekten, das restliche Geld kam durch zusätzliche Einzelspenden zusammen. Auch stark betroffen sind die Bibelkollekte und die Kollekte für den Fonds für Frauenarbeit. Sie gingen um knapp die Hälfte auf je rund 19?000 Franken zurück. Die Jugendkollekte schrumpfte um ein Drittel auf 57?000 Franken.

Es drohen Einschnitte

«Diese Kollekten waren alle in der Zeit des Lockdowns angesetzt», erklärt Edith Bächle von der Abteilung Ressourcen der Landeskirche. Es handelt sich um obligatorische Sammlungen, die den Gemeinden von der Landeskirche vorgeben werden. Zwar wurden sie meist in «reformiert.lokal» bekannt gemacht, oft wiesen Pfarrpersonen in Online-Gottesdiensten darauf hin. «Es hat sich jedoch gezeigt, dass Spendenaufrufe bei virtuellen Gottesdiensten weniger effektiv sind als beim Kirchenbesuch», sagt Marc Bundi, der für die Hilfen an die «Bedrängten Christen» zuständig ist. Anders als grosse, professionell organisierte Hilfswerke konnte Bundi nicht mit einer Spendenkampagne gegensteuern. Das Heks oder Mission 21 erhielten zwar auch weniger Kollekten, unter dem Strich war 2020 für sie jedoch ein erfolgreiches Spendenjahr. Nicht zuletzt, weil sie schnell reagieren und vermehrt per Newsletter oder Notaufruf auf ihre Arbeit aufmerksam machen konnten. Bundi erhielt infolge der schwierigen Lage zwar zusätzlich eine grössere Summe von der Landeskirche, wettmachen konnte er den Einbruch jedoch nicht.

Hoffnung auf Einzelspenden

Noch sind die Konsequenzen des Finanzlochs unklar. Entscheidend seien die künftige Entwicklung und die Frage, wie sich die derzeitige Personenzahlgrenze bei Gottesdiensten auswirkt. «Gehen die Einnahmen erneut zurück, müssen wir wohl die Hilfe an langjährige Projektpartner reduzieren», so Bundi. Die Einnahmen aus der Bibelkollekte fliessen zu einem guten Teil in die Schweizerische Bibelgesellschaft. Sie unterstützt vor allem die Übersetzung, Herstellung und Verbreitung von Bibeln im In- und Ausland. Kollekten stellen bis zu einem Viertel des Gesamtbudgets. «Wir merken den Einbruch sehr stark», sagt Geschäftsführer Benjamin Doberstein. Die Devise laute Sparen, bei der Auslandsarbeit und bei Personal- und Verwaltungskosten. Doberstein und Bundi wollen sich nun mehr um Einzelspenden bemühen.

Kollekte per Mausklick

Die Jugendkollekte geht vor allem an die Cevi-Regionen Zürich und Winterthur-Schaffhausen. Da die Gelder im Folgejahr ausbezahlt werden, erfuhren sie durch die Recherche von «reformiert.» vom Minus. Mit dem Geld finanzieren sie etwa Ausbildungskurse, Ortsgruppen-Begleitung und Leitertreffen. Es gebe ein finanzielles Polster für die Projektarbeit, sagt Sina Gubler, Geschäftsstellenleiterin der Region Zürich. «Wir sind jedoch froh, wenn wir diese Reserven nicht längerfristig anzapfen müssen.» Die Kirche bemüht sich nun, den erschwerten Bedingungen Rechnung zu tragen. Mit der Personenzahlbegrenzung verlagert sich das Kollektensammeln ins Internet. Bald soll es möglich sein, von der Website der Landeskirche mit nur wenigen Klicks Kollekten zu überweisen, kündigt Bächle an. «Das war bereits vor der Pandemie geplant, doch nun wollen wir das möglichst schnell umsetzen.» Einzelne Kirchgemeinden nutzen Twint mit QR-Codes im Netz oder am Kollektentopf.

Evangelische Frauen in Finanznot

Die Corona-Pandemie verschärft auch die Situation bei den Evangelischen Frauen Schweiz (EFS). «Uns geht es finanziell nicht gut», sagt Vorstandsmitglied Barbara Fankhauser. Der Dachverband von Frauenverbänden und Einzelmitgliedern finanziert sich durch den Fonds für Frauenarbeit, Beiträge der Kantonalkirchen, Mitglieder- und Sponsorenbeiträge sowie Spenden. Besonders der Beitrag aus dem Fonds für Frauenarbeit ist stark zurückgegangen. Gespiesen wird der Topf durch eine jährliche Kollekte der Mitgliedkirchen der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS). Betrug der Beitrag an die EFS früher zwischen 70?000 und 100?000 Franken, so lag er 2020 bei nur rund 14?000 Franken. Der Rückgang sei auch darauf zurückzufüh?ren, dass in den letzten Jahren Fondsvermögen abgebaut wurde, sagt ?Fankhauser. 2020 wird ein Defizit von 85?000 Franken resultieren. Die EFS sind dringend auf weitere finanzielle Unterstützung angewiesen, etwa durch Fundraising.

Quelle: reformiert.info, 14. Februar 2021, Nadja Ehrbar, Cornelia Krause