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Nähe trotz Distanz in der Berner Kirche Heiliggeist

Für viele ist die Heiliggeistkirche so etwas wie die erweiterte Wohnstube. Umso wichtiger, dass der Ort auch während des Corona-Lockdowns für alle zugänglich blieb.

Irene Neubauer, bald ist das Leben in der offenen Kirche Heiliggeist wieder fast so wie vor dem Corona-Lockdown. Sind Sie froh darüber?

Irene Neubauer: Ja, natürlich. Doch die Wochen, die hinter uns liegen, habe ich sehr gut erlebt. Für uns war immer klar: Wenn alles zugeht, bleiben wir erst recht offen. Nun schalten wir nach und nach auf Normalprogramm.

Was bedeutet «normal»?

Dass etwa unsere Mittagsangebote am Mittwoch und Freitag wieder öffentlich sind, dass also der Organist Marc Fitze und die Musik und Texte von halb eins – Wort Musik Stille nicht mehr nur online zu hören sind. Ansonsten ändert sich nicht viel: die Seelsorge hat immer stattgefunden und unsere Cafeteria wurde und wird rege genutzt. Auch wenn es statt Tassen Becher gibt, die unsere Gäste selber entsorgen, und die Tische und Stühle regelmässig desinfiziert werden. Die Stimmung war die ganze Lockdown-Zeit über sehr angenehm.

Die Menschen gingen ein und aus wie immer?

Im Prinzip ja. Es waren auch nicht weniger als sonst. Einige Gäste mussten wir zwar speziell darauf aufmerksam machen, dass sie die Hände desinfizieren bevor sie reinkommen und den Kaffee holen. Aber für viele Menschen waren wir, ganz besonders in der Zeit, als alles zu war, ein wichtiger Ort, ja eine Art Heimat. Wer ohnehin schon viel allein ist, war es in dieser Zeit ganz besonders. Einsamkeit kann sehr schmerzhaft sein und ein kleiner Schwatz ist Balsam für die Seele. Gleichzeitig mussten wir das Freiwilligen-Team mit den professionellen Seelsorgenden bitten, zu Hause zu bleiben, weil sie grösstenteils über 65 waren.

Wie wurden sie ersetzt?

Das Team der Kirchgemeinde Heiliggeist hat sich tatkräftig engagiert. Dann haben wir Leute in den reformierten und katholischen Kirchgemeinden, aus unseren anderen Freiwilligengruppen und via unsere Website ansprechen können, die kurzfristig und kompetent übernommen haben; insgesamt 50 neue Freiwillige. Darunter auch zwei Sozialarbeiterinnen, die ihre Stelle aufgegeben hatten, um zu reisen, dann aber coronabedingt zuhause bleiben mussten. Auch meine Tochter, sie ist Psychologin, konnte ich für den Einsatz gewinnen. Es war eine tolle Erfahrung, die zeigt, dass unser Angebot in der offenen kirche bern wahrgenommen und geschätzt wird.

So auch Ihr öffentlicher Kühlschrank.

Ja, «Madame Frigo» ist derzeit sehr gefragt. Wer es braucht, kann sich dort bedienen. Allerdings gibt es etwas wenig Nachschub: Wer also Ware, die gekühlt werden muss, reinstellen will, gerne! Ausser Fleisch, Fisch und Alkohol ist alles noch Konsumierbare sehr willkommen!

Quelle: reformiert.info, 18. Juni 2020, Katharina Kilchenmann