headerbild
Logo RefBeJuSo

GKG Thun: «Letzte Hilfe»: Die Begleitung am Lebensende

Wie helfen wir Menschen, deren Lebensende gekommen ist? Um diese Frage drehte sich der Kurs «Letzte Hilfe» in Allmendingen, organisiert und finanziert von der Stadt Thun und der Reformierten Gesamtkirche Thun.

Aufmerksam lauschen die zwölf Anwesenden den Ausführungen von Lori Michel. Unaufgeregt und bodenständig erzählt die Gesundheitsfachperson und Pflegefachfrau von ihren Erfahrungen, gibt konkrete Tipps und Ratschläge. Man könnte sich an einem Erste-Hilfe-Kurs wähnen. Doch an jenem Samstag geht es im Pfarrsaal der Kirche Allmendingen bei Thun gewissermassen um das Gegenteil: die «Letzte Hilfe». «Letzte Hilfe»? Richtig. So heisst der Kurs, der auch im Begegnungsraum der katholischen Kirche in Zweisimmen und im reformierten Kirchgemeindehaus an der Frutigenstrasse in Thun stattfand sowie in Allmendingen am 8. Januar nochmals abgehalten wird. Der rund fünfstündige kostenlose Kurs für interessierte Laien und Fachpersonen geht auf das Umsorgen von schwer erkrankten und sterbenden Menschen ein.

Uraltes Wissen verloren gegangen

«Erste Hilfe nach Unfällen zu leisten, wird in unserer Gesellschaft als eine selbstverständliche Aufgabe angesehen», erklärt Annerös Schneider. Die Geschäftsleiterin des Palliative-Care-Netzwerks Region Thun hat den «Letzte Hilfe»-Kurs mitorganisiert. «Doch wie helfen wir Menschen, deren Lebensende gekommen ist?» Das Lebensende und das Sterben machten uns als Mitmenschen oft hilflos. Uraltes Wissen zum Sterbegeleit sei verloren gegangen. «Mit dem Kurs wollen wir hier einen Beitrag leisten, um eine ganze wichtige Lücke zu schliessen.» Entwickelt und erfolgreich erprobt wurden die Kurse zunächst in Österreich und Deutschland und haben den Weg nun auch in die Schweiz gefunden. Der Kurs «Letzte Hilfe» sei ein Angebot für alle, die mehr darüber wissen möchten, was sie für einen Mitmenschen am Ende des Lebens tun können. Entwickelt und erfolgreich erprobt wurden die Kurse zunächst in Österreich und Deutschland und haben den Weg nun auch in die Schweiz gefunden. Was passiert beim Sterben? Wann beginnt es? Wie kann man als Laie unterstützen und begleiten? Und wo bekommt man Hilfe? Basiswissen zu derartigen Fragen vermitteln die Kurse unter anderem. Organisiert und finanziert werden sie in der Region Thun von der Stadt Thun und der Reformierten Gesamtkirche Thun beziehungsweise in Zweisimmen von der Katholischen Kirche Saanenland-Obersimmental und dem Kirchlichen Bezirk Obersimmental-Saanen. In beiden Regionen trägt das Palliative Care-Netzwerk Region Thun die Anlässe mit.

«Grosses Anliegen»

Corinne Caspar, Altersbeauftragte der Stadt Thun, hat am Kurs persönlich teilgenommen. Sie zeigt sich erfreut, dass aufgrund der grossen Nachfrage nun sogar vier statt zwei Kurse stattfinden. «Der Stadt Thun ist es ganz wichtig, dass die älteren Menschen möglichst lange und mit guter Betreuung zu Hause leben können. Und da gehört die Sterbebegleitung auch dazu. Deshalb unterstützt die Stadt Thun die Kurse organisatorisch und finanziell.» Beeindruckt ist auch Ursula Straubhaar, die den von ihr mitorganisierten Kurs ebenfalls besucht hat. «Dieses Angebot ist uns ein grosses Anliegen», sagt die Pfarrerin der reformierten Kirche Thun und betont die «sehr konstruktive Zusammenarbeit in Palliative Care». Gar als «grandios» bezeichnet Peter Eichenberger die Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten aus Gesundheitswesen, Kirche, Verwaltung und Politik. «So sollte dies sein», meint der Pfarrer und Seelsorger aus Bönigen, der am Kurs in Allmendingen über das Sterben als Teil des Lebens und das Abschiednehmen spricht. «Letzte Hilfe» vermittle einen Überblick und berühre gleichzeitig Themen und Aspekte, die ansonsten oft tabuisiert würden.

Über diese Dinge spricht Pflegefachfrau Lori Michel, die auf mittlerweile 35 Jahre Arbeit in Altersheimen zurückblicken kann. Kompetent und leicht verständlich zugleich vermittelt sie den Teilnehmenden von Jung bis Alt ihre Erfahrungen. «In den letzten Lebenstagen schwindet das Hunger- und Durstgefühl, der Gehörsinn aber bleibt bis zuletzt erhalten», erklärt sie beispielsweise. Über den Verlauf der bisherigen «Letzte Hilfe»-Kurse und das grosse Interesse daran zeigt sich das Organisationsteam «sehr zufrieden». Und Annerös Schneider vom Palliative-Care-Netzwerk Region Thun fügt an: «Aufgrund der grossen Nachfrage planen wir in Thun gemeinsam auch kommendes Jahr wieder eine Kursreihe ‹Letzte Hilfe›.»

Weitere Kurse werden zu gegebener Zeit unter www.palliativecare-thun.ch und www.thun.ch/alter veröffentlicht.

Quelle: Thuner Tagblatt, 15.12.2021, Hans Peter Roth