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Geldsorgen beschäftigen «Haus der Religionen»

Das Berner «Haus der Religionen» ist mit dem Schweizerischen Mediationspreis ausgezeichnet worden. In Feierlaune sind die Betreiber deshalb aber nicht. Im Gegenteil – die finanzielle Lage ist sehr angespannt, die Institution ist dringend auf höhere Einnahmen angewiesen.

Wie kann in einer einzigen Küche ayurvedisch und koscher gekocht werden? Wie lässt sich eine offene Feuerstelle in einem Haus im Einklang mit feuerpolizeilichen Vorschriften realisieren? Wie kann ein Tempel barfuss gebaut werden, obwohl die Suva das Tragen von Schuhen vorschreibt? Konflikte konstruktiv zu lösen, Verständnis für unterschiedliche Ansichten zu fördern und im Dialog zu bleiben, das alles sei «gelebter Alltag» im «Haus der Religionen», heisst es in einer Laudatio des Schweizerischen Dachverbandes für Mediation. Im Haus habe sich Mediation als Form der Konfliktlösung etabliert, diejenigen, die dort zusammenkämen, müssten immer wieder die eigene Komfortzone verlassen. Die Institution ist deshalb kürzlich mit dem Schweizerischen Mediationspreis ausgezeichnet worden. Der Schweizerische Mediationspreis ist mit 2500 Franken dotiert. Der Schweizerische Dachverband Mediation zeichnet damit Institutionen oder Unternehmen aus, die sich für Mediation eingesetzt haben und diese in der Praxis anwenden. Die Auszeichnung ist zum dritten Mal verliehen worden. Das «Haus der Religionen» ist 2014 eröffnet worden. Daran beteiligt sind acht Religionsgemeinschaften. Finanziert wurde der Bau nicht nur durch Gelder der öffentlichen Hand und kirchlicher Organisationen, sondern auch durch substantielle Beteiligungen von Privatpersonen.

Höhere Preise reichen nicht

Die Freude über den Preis sei gross, sagt Karin Mykytjuk, Geschäftsführerin des Hauses, auf Anfrage. «Manchmal nehmen wir uns mehr Zeit und gehen Umwege, um Probleme zu lösen. Das ist komplizierter, lohnt sich aber.» Mit der Auszeichnung werde diese Haltung anerkannt und gewürdigt. Trotzdem kommt bei der Geschäftsführerin nicht nur Jubelstimmung auf. Das hat einen simplen Grund. Die Institution schreibt nach wie vor rote Zahlen. Das Defizit bestehe seit Jahren, und das trotz starker Auslastung. «Wir sagen zu häufig Ja, weil wir die Angebote zu wichtig finden, auch wenn wir damit auf Einnahmen verzichten und dadurch Kosten auf unserer Seite entstehen», erläutert Mykytjuk. Zwar seien im Restaurant und bei den Vermietungen die Preise erhöht worden. Das zeige Wirkung, reiche aber nicht aus, um das Minus auszugleichen.

Zukunftsperspektiven alles andere als rosig

Unterdessen sei ein Finanzplan erstellt, und es gebe auch eine Fundraising-Strategie. Prozesse wurden vereinfacht, Spenderinnen können ihren Beitrag zum Beispiel digital über das Mobiltelefon überweisen. Gleichzeitig diskutiere die Stadt Bern eine Kürzung der Unterstützungsbeiträge um 50'000 Franken auf neu 250'000 Franken. Die Stadt begründe dies damit, dass das Haus wenig Kultur im engeren Sinne fördere, was laut Mykytjuk stimmt. Sie betont gleichzeitig: «Im Haus geschieht viel mehr als ‹nur› Kultur.» Die Institution hat sich zudem Gedanken gemacht über alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie etwa ein Crowdfunding. «Uns fehlen aktuell aber schlicht die personellen Ressourcen, um diese in die Praxis umzusetzen», erklärt die Geschäftsführerin. Die Herausforderung sei vor allem, eine solide und nachhaltige Finanzierung für die Grundkosten (wie etwa Buchhaltung oder Reinigung) zu garantieren. Momentan zehre man noch von den Reserven. Gelinge es nicht innerhalb der kommenden zwei Jahre, Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen, ist der zukünftige Betrieb des «Haus der Religionen» im bisherigen Umfang nicht garantiert.

Quelle: www.ref.ch, 29.06.2022, Johanna Wedl